Foto: Stephany Fotografie / Zsolnay
„Die schwarze Rose“
Dirk Schümer wurde 1962 in Soest geboren und studierte Germanistik, Philosophie und mittelalterliche Geschichte in Hamburg, Turin und Paris. Er arbeitete seit Anfang der 1990er Jahre als Redakteur und Kulturkorrespondent der F.A.Z. in Venedig und Wien und seit November 2014 in der “Welt”-Gruppe. Zuletzt erschienen: “zu Fuß. Eine kurze Geschichte des Wanderns”, “Schland. Wie der Fußball Deutschland neu erfunden hat” (beide 2010) und “Touristen sind immer die anderen” (2014). “Die schwarze Rose” (2022) ist sein erster Roman.
Zum Roman “Die schwarze Rose”
Als Ketzer denunziert, muss sich im Jahr 1328 der berühmte deutsche Prediger Eckhart von Hochheim am Hof des Papstes in Avignon der Inquisition stellen. In Begleitung seines Novizen Wittekind wird Meister Eckhart Zeuge eines blutigen Raubüberfalls. Als Wittekind selbst angegriffen wird, ahnen die beiden, dass sie in einen Finanzbetrug von europäischem Ausmaß hineingezogen werden. Im Schatten des Papstpalasts ist auch der geheimnisvolle Franziskaner William von Baskerville den Tätern auf der Spur.
Dort, wo Umberto Ecos „Der Name der Rose“ aufhört, setzt Dirk Schümers packender histo-rischer Roman an. Wir erleben eine finstere Metropole der Religion, in der nur ein Credo gilt: Gold.
Dirk Schümer: Mein Roman in drei Sätzen
1) “Die schwarze Rose” ist für ihre ruppige Zeit recht unblutig (nur neun mit unter-schiedlichen Waffen gemeuchelte Opfer und zwei Schwerverletzte).
2) Der Roman ist kurzweilig und lustig (es geht auf gerade einmal 600 Seiten um die Komik von Papsttum, Theologie und Inquisition).
3) Der Roman ist aktuell (Nerds aus elf Nationen diskutieren über Feminismus, Migranten, Medien, Popmusik, Banken – und das bereits vor 694 Jahren). //buchreport.magazin Jan. 2022//
Avignon, 20. Mai 1328
Welches Tier?, fragte ich.
Der Meister blickte zu den zerlumpten Menschen am Flussufer. Tief gebeugt zogen die Mutter und zwei Söhne an Seilen einen Lastkahn die Rhone aufwärts, während der Vater mit einem langen Stock das Boot vom Ufer weghielt. Im Gegenwind des Mistrals beförderten sie das Boot, das bis über die Reling mit Brennholz beladen war, in Richtung Hafen. Ihre Gesichter grau, den Blick auf die Füße gerichtet, dieweil ein kleines Mädchen von vielleicht drei Jahren nebenher hüpfte. Die Frau war schwanger und kam nur schwer vorwärts. Eine Familie von Treidlern, wie sie hier ständig vor-beizogen, Schritt für Schritt für Schritt.
Der Meister, nachdenklich in die Ferne blickend, hatte die Leute gar nicht bemerkt.
Welches Tier?, fragte er zurück. Du weißt doch, dass ich dein Spiel nicht mag. Esel vielleicht?
Das sind keine Esel, sagte ich. Esel sind stur und klug und widerspenstig. Die machen nur, was sie wollen. Diese Leute da unten merken gar nicht mehr, was sie tun. Schau nur, wie krumm die Kinder in den Seilen hängen. Die werden ein Leben lang nicht aufrecht gehen. Ameisen sind das, die dem Papst das Brennholz für seine Küchen liefern. …
Ich sagte: Viele tausend Ameisen liefern, was die Stadt braucht. Avignon ist der Ameisenhaufen, und der Papst da oben in seinem Haus auf dem Felsen, das ist der Ameisenkönig.
EINE VERANSTALTUNG DES PASSAUER PEGASUS, MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG VON BÜCHER PUSTET
Kartenreservierung unter 0851-35900
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